Dekorieren und Dekorieren Fotogalerie esstisch rund mit 8 stühlen
Die fächerförmige Lehne des Peacock Chair breitet sich aus wie das Rad eines Pfaus. Wer hier Platz nimmt, sieht automatisch unglaublich mondän aus. Auch Männer. Oder Katzen. Ich habe das oft beobachtet. Selbst strengen Puristen und Bauhaus-Verehrern schenkt der Stuhl unweigerlich etwas Frivoles. Seine Proportionen zitieren zwar einen Thron, aber eben einen leichten, luftigen, aus Rattan geflochten – eine der ältesten und simpelsten Techniken überhaupt.
Der Pfauenstuhl steht überall gut: im Wohnzimmer, auf der Veranda, im Garten. Für einen Klassiker sind seine Kosten nicht der Rede wert, man bekommt ihn bereits für 350 Euro. Seinen Ursprung hat dieser Stuhl, den man keinem einzelnen Designer zuordnen kann, in Ostasien. Im 19. Jahrhundert kam die Form über die Handelsrouten der Briten nach Europa, wo die Wicker-Tradition ihn populär machte. Wie in der Tierwelt gibt es auch in der Gattung der Pfauenstühle sehr unterschiedliche Exemplare. Von Gio Ponti über Georg Jensen bis zu Patricia Urquiola hat er viele Designer zu Variationen inspiriert. Ein bisschen Pfau sind eben alle.
Lena Bergmann entwickelt als Redaktionsleiterin das Magazin „die dame“
Ich bin kein Freund der Übermöblierung von Garten und Terrasse. Jedes Stück verliert an Ausstrahlung, je mehr es sich den Raum mit anderen teilen muss. Mit diesem Stuhl, den der Italiener Mario Tempestini um 1940 designt hat, kann ich allerdings gut leben. Tempestini war ein weitgehend unentdeckter Architekt, Innenarchitekt und Designer, der nur objektbezogen arbeitete und daher keinen rechten Markt hat. Das erste Mal kam mir der Stuhl in einem Magazin unter, in einer Anzeige des Herstellers Case e Giardini. Ich sah den geschwungenen Rücken und dachte „Wow, den muss ich haben“ und kaufte zwei Stück. Die orangen, lose aufliegenden Kissen gab es nicht dazu, also ließ ich sie aus der Erinnerung nähen. Die Stühle symbolisieren für mich Urlaub und versprühen gute Laune. Immer, wenn ich sie sehe, muss ich lächeln.
H.-Peter Jochum ist Mitinhaber der Berliner Möbelgalerie Jochum Rodgers
Die Legende besagt, dass eine unter Rheumatismus leidende Pflanzertochter in South Carolina um 1800 von ihren Verwandten in Schottland eine Skizze dieser Bank zugeschickt bekam, als sanftes Wippinstrument zur leichten sportlichen Betätigung und Ersatz für die anstrengenden Kutschfahrten, die sie bis dahin unternommen hatte, um sich etwas schmerzlindernde Bewegung zu verschaffen. Ob sich das Rheuma der Dame durch das Wippen auf der Bank tatsächlich gebessert hat, ist nicht überliefert. Das Joggling Board jedenfalls erfreut sich in den Gärten und auf den Veranden South Carolinas nach wie vor großer Beliebtheit. Das robuste Möbel aus heimischer Pinie ist praktisch unverwüstlich. Man kann darauf sehr gut allein wippen, am meisten Spaß macht es jedoch zu zweit: Während des Wippens rutscht man sachte, aber unweigerlich ganz nah aufeinander zu.
Roger Bundschuh ist Architekt in Berlin und unterrichtet am DIA Dessau
In meinen Augen der Gartenstuhl schlechthin. „Garten“ impliziert einen gewissen Platz und den braucht dieser coole Hybrid aus Hocker und Thron. Mir gefällt die Wucht des Entwurfs, der lässig-kalifornische Schwung der Sitzfläche, konträr dazu die strengen Beine und selbstverständlich das luxuriöse Material, Carrara-Marmor. „Punkrock-Glamour trifft auf Verfall“, so beschreibt Rick Owens selbst seine Ästhetik. Der Stuhl sendet ein sehr kluges und stilistisch avanciertes „Fuck you“ gen Bürgerlichkeit und Statusdenken. Das ist mir sympathisch und macht mir gute Laune.
Maria Koch lehrt an der Berliner Hochschule für Gestaltung Esmod
Es gibt zwei Kategorien von Outdoor-Möbeln: für die Terrasse und für den Garten. Erstere sehen aus wie Sofas, ausladend breit und üppig gepolstert machen sie jeden Sitzplatz zum Freiluftwohnzimmer. Das klappt super in Kalifornien oder an der Côte d’Azur und hierzulande an Tagen, an denen verlässlich Hochsommer herrscht. Für die übrigen 50 Wochen im Jahr gibt es Gartenmöbel – und unter diesen keinen schöneren als den „Thinking Man’s Chair“. Er ist aus Stahl, wind- und wetterfest und kommt ganz ohne Polster aus; Bequemlichkeit signalisiert er allein durch seine elegante Form: die sanfte Schräge der Rückenlehne, die große Sitztiefe, vor allem aber den Schwung der Armlehnen, die sich einem einladend entgegenstrecken und in zwei kleinen Tabletts enden. Alles an diesem Sessel sagt: „Entspann dich!“ Und das tut man, obwohl die Stahlbänder der Sitzfläche natürlich nicht elastisch sind und die Rückenlehne sich nicht verstellen lässt. Aber allein beim Gedanken, darin auf dem Rasen zu sitzen, wird einem sommerlich zumute.
Philosophisch gesagt: Hier nimmt eine Idee Gestalt an – nicht umsonst heißt der Stuhl „Thinking Man’s Chair“. Ursprünglich war „Drinking Man’s Chair“ angedacht, wegen der kleinen Tabletts. Aber das macht am Ende keinen Unterschied. Jasper Morrison hatte damit vor 30 Jahren seinen Durchbruch. Er ist Engländer, natürlich. Nur eine Kindheit im Nieselregen kann einen Entwurf hervorbringen, der rund ums Jahr die Sonne scheinen lässt.
Gabriele Thiels ist Chefredakteurin des Magazins „A&W Architektur & Wohnen“
Outdoormöbel sind in unseren Breiten oft Protagonisten einer Tragödie: Sie stehen die meiste Zeit des Jahres unter unwirtlichen Witterungsbedingungen unnütz und ungenutzt herum. Dieser Stuhl der jungen Pariser Design-Edition Petite Friture ist die Lösung des Dilemmas, denn er kann beides: drinnen und draußen. Außerdem funktioniert der filigrane und trotzdem stabile Entwurf als Solitär genauso wie als Gruppe rund um den Esstisch. Und weil es nichts Ungemütlicheres gibt als Metallstreben, welche sich in Oberschenkel drücken, die in sommerlich kurzen Hosen oder Röcken stecken, gibt es für „Trame“ eine gepolsterte Auflage. Ein weiterer Trumpf: Sein Zitronengelb macht an grauen Tagen gute Laune – selbst wenn er einfach nur so herumsteht.
Annemarie Ballschmiter ist Redakteurin im Stil-Ressort der „Welt am Sonntag“
Der Aluminium-Stuhl von Hans Coray wurde 1938 als offizielle Freiluftstuhl für die Schweizer Landesausstellung entwickelt. Er war eines der ersten funktionierenden Möbel aus Aluminium – und noch dazu zeitlos. Der Umstand, dass Vitra den Stuhl seit ein paar Jahren wieder herstellt, ist nicht der Grund, warum ich ihn so mag. Er ist stapelbar und extrem leicht, durch die Löcher bleiben Sitzfläche und Lehne trocken. Mit seiner typischen Schweizer Designsprache sieht der Landi-Stuhl aus, als sei er eigentlich gar nicht designt, sondern einfach so aus einer Maschine herausgefallen. Nichts ist weniger wahr. Damals wurden 1500 Stück produziert, nach Ende der Ausstellung wurden sie für fünf Schweizer Franken an die Besucher verkauft.
Mateo Kries ist Co-Direktor des Vitra Design Museums in Weil am Rhein
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